Iran 2022 | Teil 9 – Armenien: von Nord nach Süd

Reise nach Iran | Teil 9 – Armenien:

Gjumri – Debed-Tal – Sewan-See – Eriwan – Sissian – Tatev – Meghri   

Ausreise Georgien: Reisepass vorzeigen und Fahrzeugkontrolle durch die Grenzbeamten: Zeitdauer: 1/2 Stunde

Einreise Armenien: Reisepass vorzeigen, Fieber-Test, Kontrolle der Fahrzeugpapiere, Fahrzeugkontrolle, Röntgen, Wiegen, Fahrzeugversicherung. Das alles ist nicht vergleichbar mit Europa. Im Ansatz zunächst ganz gut strukturiert, aber dem Ende zu alles chaotisch. Zeitdauer: 2 1/2 Std.

In Gjumri, der zweitgrössten Stadt Armeniens, ist dann Geldwechsel, neue SIM-Karte und Stadtbesichtigung angesagt. So sieht dann meistens der zeitliche  Ablauf bei Grenzübergängen aus. Mental müssen wir uns immer wieder aufs Neue einstellen. Nicht immer ganz einfach.

Als wir ins Debed-Tal weiterfahren, suchen wir uns einen tollen, ganz ruhigen Übernachtungsplatz. Wir liegen bereits im Bett, lassen in Gedanken den Tag an uns vorbei ziehen, als wir inmitten der Stille und Dunkelheit Fahzeuggeräusche und ein Stimmenwirrwarr registrieren. Wir öffnen das Fenster, sehen erst gar nichts, als direkt neben uns ein winziges Auto steht und dann grinsen uns auch noch drei solche englischsprechende Köpfe an: „Hi, can we stay here?“ Ich frage, wo sie herkommen und die hören gar nicht mehr auf zu plappern. Hört sich nach viel Reisen und Aufregung an. Zwei weitere Fahrzeuge folgen. Zelte werden aufgebaut, gekocht und an den „Mini-Autos“ herumgeschraubt. Wir machen einen „break“ und setzen am nächsten Morgen unser Gespräch fort. Sind seit 16 Tagen unterwegs und Startpunkt war England. Ziel ist noch Nordafrika. In drei Monaten wollen die wieder zu Hause sein. Was es nicht alles für Leute gibt auf solchen Reisen! Ich bekomme schon fast ein schlechtes Gewissen, als sie unser Fahrzeug besichtigen. Wir fahren am nächsten Tag weiter zum Sewan See.

Am Sewan See treffen wir Xiangyang und Günter. Wir haben die beiden beim Offroad-Fahrtraining in Deutschland kennen gelernt und nun kreuzen sich zufällig unsere Wege. Die Welt ist klein.

 

 Armenien, Deine Klöster und Kirchen. So ist der Titel unseres Reiseführers. Und es ist in der Tat so. So viele Klöster in so einem kleinen Land gibt es nur in Armenien. Wir fahren zum Kloster Geghard, auf dessen Besichtigung wir wegen des Touri-Ansturms dankend verzichten, und haben als Zielpunkt Eriwan, die Hauptstadt Armeniens.

Ölwechsel bei „Karli“ ist fällig und einige technische Kleinigkeiten sind zu erledigen. Währenddessen verbringt Corinne die Zeit beim Friseur. Beim Abendessen werde ich gefragt, ob mir irgendetwas heute aufgefallen ist. Ich antworte: Der Friseur hat heute nur 12 € gekostet. Sie antwortet: typisch Mann!

Wieder mal steht ein Kloster (Noravank) auf dem Tagesprogramm. Auf dem Weg dahin treffen wir die „Mantocos“, aber leider mit Panne. Es wird mit MAN Eriwan telefoniert. Aber wie, wenn man kein armenisch spricht? Parallel versucht man, einen Freund mit technischem know how in Deutschland anzurufen. Zufällig steht Tommy an der Strassenseite vor einem Mechanikerladen. Nur der Mechaniker ist nicht da. Armenier kommen zu Hilfe, übersetzen, schrauben selbst an Tommys LKW rum und das bei 35 Grad. Nach drei Stunden Rätselraten ist die Ursache gefunden. Der Strassenmechaniker taucht zwischenzeitlich auf, sieht zwar aus wie ein Taliban ohne Haare, hat aber Improvisationstalent und kann den Fehler beheben. Wir sind nach 5 Stunden an der Straße erleichtert und können die Fahrt fortsetzen.

Das Kloster wird am nächsten Morgen besichtigt und wir fahren danach zu einem idylischen Platz bei Hermon inklusive Fluss. Dort lernen wir die armenische Gastfreundschaft schätzen. Erst Kaffee mit Melone und später noch Hühncheneintopf. Zu erzählen, wie wir uns hierbei verständigen, erinnert doch sehr an die Taubstummensprache mit akrobatischen Einlagen. Meine Güte war das schön und anstrengend. Geschmeckt hat es trotzdem.

Klöster über Klöster, Steine über Steine, nicht nur auf der Piste, sondern jetzt auch noch als historisches Monument (Stonehenge von Armenien) mitten in der armenischen Steppe. Aber jetzt reicht’s auch mal.

Das Vorotan Tal: tief eingeschnittene Schlucht, ein Wasserfall (vollkommen surrealistisch), ein Kloster (wie immer), dann folgt die Ortschaft Sisian und die Stadt Goris (Diesel und Lebensmittel bunkern) und dann noch die Höhlenstadt in Khndzoresk mit der schwingenden  Hängebrücke und das bei Strassenverhältnissen wie bei europäischen Baustellen. Und was ist danach des Capitanos grösster Wunsch: ein Bett und seine Ruhe.

Die Hauptverbindungsstrasse in den Iran verläuft direkt an der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan. Diese ist aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen gesperrt. Bedeutet der ganze Verkehr inklusiv dem Schwerverkehr fährt über schmale Teerstrassen über die Pässe mit bis zu 12% Steigung. Im Schritttempo quälen sich die LKW’s den Berg rauf, den Berg runter. Ist wie im Kino. Was für ein Gemüt müssen die Fahrer haben. Respekt, was die Fahrer so leisten.

Abends trudeln auf unserem ÜN-Platz bei Tatev vier Iraner mit ihrem Defender mit Dachzelt ein. Sofort ist man im Gespräch und der erste Kontakt zu den 4 Iranern ist schon mal positiv. Am nächsten Tag geht die Fahrt weiter Richtung Meghri. An einer Wasserstelle gibt der Wasserhahn an einem Picknickhäuschen nicht viel Wasser her. Wir müssen uns diesen mit einer Großfamilie, die gerade das Barbeque richtet, teilen. Der Capitano lässt sich das Grillfleisch erklären und als ob sie uns das ansehen, werden wir zum Essen eingeladen. Weiter geht es zu unserem letzten ÜN-Platz nur wenige Kilometer vor der iranischen Grenze. Ein neues Abenteuer mit vielen Erfahrungen erwartet uns.

Fazit Armenien:

Was ist anders zu Georgien? Das fragen wir einen guten Bekannten, den wir unterwegs treffen.

„Die Straßen sind noch schlimmer und die Armenier fahren noch bekloppter wie die Georgier.“

Das mit den Strassen ist richtig, liegt aber auch daran, dass Armenien ein bettelarmes Land ist. Das mit dem Autofahren, na ja –  einfach total anders wie in Europa. Sie wollen natürlich immer da fahren wo es noch etwas Teer oder Asphalt hat. Dadurch entstehen oft wundersame Wege. Unser Fahrstil hat sich ebenso verändert. Gut, daß uns keiner sieht.

Trotz allem mögen die Armenier die Deutschen sehr. Sind etwas aufgeschlossener als die Georgier. Sehr einfach und dennoch unheimlich hilfsbereit. Das Land wirkt trockener, eher wie eine weitläufige Steppe mit unerreichbaren Weiten. Viele Pässe, Schluchten durchziehen die Landschaft und sind das „Salz in der Suppe“. Politisch sind sie friedliebend, aber ihr „Bergkarabach“, das hätten sie gerne wieder zurück.

 

Iran 2022 | Teil 8 – Georgien: Großer Kaukasus – Sugdidi – Vani – Achalziche

Reise nach Iran | Teil 8 – Georgien:

Zagari-Pass – Uschguli – Mestia – Sugdidi – Vani – Zekari-Pass – Achalziche – Madatapa-See    

Zagari Pass (2.800 m): es gibt im Kaukasus sooo viele hohe Berge, Seen, Flüsse, Wiesen, Bienen und Insekten in überwältigender Zahl  – Natur pur, kaum zu überbieten. Ich muss lange zurückdenken, wann ich das letzte Mal Wiesen und Insekten in solch einer Vielfalt und Pracht gesehen habe. Wüsste ich nicht von der Klimaerwärmung, dann würde ich behaupten, hier ist die Welt noch in Ordnung.

In solchen Gegenden brauchst Du ein gutes, verlässliches Fahrzeug. Und eine Menge Zeit. Knapp 4 Stunden für 44km. Das entspricht etwas mehr als 10 km/h. Dabei waren die ersten 15 km asphaltiert. Auf meinen „geliebten“ Schotterpisten ist der Durchschnitt max. 7 – 8 km/h. Schnelle Wanderer überholen uns fast. Mühselig, teilweise zermürbend erscheint das Vorankommen zu solch entfernt liegenden Zielen. Glück und Geduld beim Warten auf das richtige Wetterfenster gehört zu den wichtigsten Vorraussetzungen. Und dann nichts wie hin zu diesen prachtvollen Zielen. Gewöhnliche Touristen trifft man hier äußerst selten an. Improvisieren und das Anpassen an die äußeren Umstände spielen eine zentrale Rolle. Seht selbst, die Bilder sprechen für sich.

Hinter dem Zagari Pass trifft man zum ersten mal wieder auf Zivilisation in Uschguli, ein kleines Dorf nahe der russischen Grenze. Hat man ein besonders geländegängiges Fahrzeug, kann man bis an den Fuß der Gletscherzungen heranfahren. Ach ja, die Geländegängigkeit: in solchen Gegenden wünsche ich mir oft mehr Bodenfreiheit und eine bessere Gewichtsverteilung auf unseren Achsen. Ein Expeditionsmobil ist immer ein Kompromiss zwischen Geländetauglichkeit und Komfort. Hier würde ich ohne Untersetzung und Differentialsperren nicht weit kommen.

Mestia ist dann der nächste Ort, an den auch viele Touristen mit allradtauglichen Kleinbussen gekarrt werden. Hier gibt es dann richtig guten Capuccino, Eis und alles was so das Touriherz begehrt, aber alles doppelt so teuer wie sonst. Wer gerne wandert, findet hier seine Erfüllung.

Wir verlassen den Großen Kaukasus und fahren bergab nach Sugdidi. Besichtigen natürlich den „Grand Palace“ im Stadtkern.  Mindestens genauso interessant ist aber die Fahrt dorthin. Wir lernen Rainer und Elisabeth mit ihrem IVECO Epeditionsmobil, wie auch den charmanten Herrn in etwas zu klein geratener Hose auf der Traktorpritsche kennen. Die Unterhaltung mit den beiden genannten Herren verläuft allerdings doch sehr unterschiedlich. Unterschiedlich ist auch unser ÜN-Platz auf dem Hinterhof eines Schrottplatzes zu dem, was wir bisher gewohnt waren. Nicht immer ist „eitler Sonnenschein“…

Ebenso unterschiedlich ist auch die Kultur in solchen Ländern. Auf meine Bitte, doch den Reifendruck an beiden Hinterrädern zu erhöhen, startet der Chef des Reifenreparaturladens den Kompressor. Ich sehe den Manometer, den er in der Hand hält. Zerbrochenes Deckglas und Wasser auf dem Ziffernblatt machen mich nachdenklich. Weitere sechs Alleswisser schauen interessiert zu. Nach 2 Minuten Luftfüllen steht der Zeiger immer noch wie festgenagelt. Der Chefe resigniert und gibt zu verstehen, daß das Befüllen der Reifen nicht möglich ist. Ich checke das mit meinem eigenen Messgerät und der  Reifendruck ist real um 2 bar angewachsen. Ich zeige das dem Chefe und den umliegenden Herren. Diese zucken interessenlos mit den Achseln. Es ist wie es ist, geben die Herren mir zu verstehen. Andere Länder, andere Kulturen.

Wir fahren weiter zu den Schwefelquellen nahe der Stadt Vani. Geniessen das 30 Grad warme Wasser und lassen die Welt sein wie sie ist.

Über den Zekari Pass (2.200 m) nach Achalziche

Lass ich Trottel mich doch dazu überreden diesen Zekari-Pass über die Piste (40 km) zu bewältigen. Alternativ hätten wir auch Straße fahren können, aber 70 km weiter. Während der Fahrt wird diskutiert, wo denn eigentlich die Vorteile solch eines mühseligen und unkomfortablen Geholpers liegen sollen. Es soll ja Leute geben, die daran sogar Spass haben. Na – ja?? Wir können dieser Fahrerei nichts abgewinnen. Für die 40 km benötigen wir 5 Stunden. 400 Höhenmeter vor dem höchsten Punkt herscht Nebel, macht die Sache nicht einfacher. Die Tankanzeige endet bei >25 L / 100 km. Und beim Pistenfahren steht die Nadel immer bei > 25. Das ist wahrhaftig kein Schwabenstreich mehr. Karli verdreht und verwindet sich. Dauernd tritt ein neues Geräusch auf, das wir noch nicht kennen. Steine noch und nöcher, Schlammlöcher, Schlaglöcher und wir werden auf unseren Sitzen hin und her geworfen. Wer sein Fahrzeug richtig gut einsauen will, der ist hier richtig. Klar, ohne Nebel wäre da sicher eine tolle Aussicht an den vorgegebenen „View points“. Das Auto ist natürlich für solche Fahrten gebaut, aber ob da nicht auch der „Macho“ im Mann eine nicht ganz unwichtige Rolle spielt? Wir haben es dann fluchend geschafft, und fassen zum wiederholten Male neue Vorsätze.

Aber dann finden wir nach getaner Arbeit eine kleine Kapelle. Das Zugangstor wird nur mit Draht zusammengehalten. Wir öffnen dieses ganz dezent und unauffällig. Haben einen super Rundumblick und genießen die Stille und die Nacht „top on the hill“. Am nächsten Morgen verlassen wir diesen mystischen Ort ganz still und leise und fahren weiter nach Achalziche.

 

Von Achalziche zur Grenze nach Armenien

Fazit Georgien:

5 Wochen Georgien. Eine überwältigende Natur, die nicht zu überbieten ist. Berge über 5.000 m, die höher sind als der Mont Blanc, der höchste Berg Europas. Eine raue, unwirtliche und dann auch wieder liebliche und zarte Fauna und Flora überdecken den Kaukasus.

Die Menschen eher zurückhaltend, aber dennoch freundlich. Teils sehr einfach und ärmlich auf dem Lande und dann wieder hypermodern und pompös in den Städten und mit Europa in allen Belangen vergleichbar. Die Strassen und der chaotische Verkehr sehr gewöhnungsbedürftig. Ein Muss für alle, ein solch ursprüngliches Land zu besuchen, so lange es noch möglich ist.

 

Iran 2022 | Teil 7 – Georgien: Weinroute – großer Kaukasus

Reise nach Iran | Teil 7 – Georgien:

Weinroute – Großer Kaukasus – Stepantsminda – Truso-Tal – Kloster Gelati – Kutaissi – Tskaltubo  – Prometheus-Höhle    

Sighnaghi, auch wieder eine tolle Stadt mit riesigen Festungsmauern. Durch das Stadttor im Zentrum haben wir gerade so durch gepasst. Auf den Kauf solch einer Pudelmütze mit den Mickey Mouse Stiefeln haben wir bei 35 Grad dann doch verzichtet.

Von Sighnaghi aus sind wir eine  Weinroute nach Nordwesten gefahren. Erinnert mich an die Weinstrasse in meiner Heimat, der Pfalz. Ein Landsitz in Zinandali einem herrlichen Park war uns ein Autostopp wert. Unter anderem lag da Lenins Kopf auf dem Boden – ziemlich lieblos und verächtlich. Putin warte nur ab – igendwann ergeht es Dir genauso. Dann ist Feierabend mit dem großrussischen Reich.

Und dann war da dieser bisher schlimmste Moment unserer Reise. Die sogenannte „Heeresstrasse“ führt direkt in den Großen Kaukasus bis zur russischen Grenze. Wir wollen uns mit den anderen Fahrzeugen an einem Aussichtspunkt treffen und dort übernachten.

Etwas abseits gelegen auf einem Hügel stehen bereits die anderen. Wir kommen dazu, wollen uns dazu stellen, da empfiehlt Tommy, unser Leader, einen noch besseren Platz. Musst nur durch diese kleine Senke fahren, sei aber angeblich kein Problem – und ich vertraue vollends ohne mir selbst ein Bild zu machen. Mit etwas Schwung wird das schon klappen. Nix war’s. Ein Albtraum wird wahr. Wir stecken fest bis zu den Tanks. Alle Differentiale gesperrt, vorwärts – rückwärts. Nichts geht mehr. Mir ahnt Schlimmes. Ich kann’s nicht glauben. Warum habe ich mich auf die Aussage verlassen? Ich ärgere mich maßlos.

Corinne schaut mich mit großen Augen und blassem Gesicht an. Es ist wahr. Das Drama nimmt seinen Lauf.

Schaufeln raus, Bergegurte werden von mir ausgelegt. Die Arbeitskombi wird angelegt und es beginnt ein mühseliges, nicht endendes Drama. Regen ist angesagt. Wie soll es auch anders sein. Zwischenzeitlich ist Philippe angekommen mit seinem Unimog. Unsere Rettung? Wir verlängern die Bergegurte, da Philippe ca. 30 m außerhalb der Schlammsenke auf trockenem Untergrund sich plaziert. Wir lassen die Luft zur Hälfte aus unseren Reifen. Nach 3 Stunden Arbeit bin ich am Ende meiner Kräfte und wir können einen Versuch starten. Philippe zieht an und ??? Es tut sich gar nichts. Wir sind wie festbetoniert. Dann stellen wir den 13 Tonner MAN vor den Unimog. Vielleicht klappt’s dann. Eine Stunde später, weiterer Versuch – nichts geht, unsere Moral hat einen Tiefpunkt erreicht. Und dann fängt es an zu regnen. Wir brechen ab und verbringen eine schlaflose Nacht in unserem Schlammloch. Uns  gehen unzählige Szenarien durch den Kopf!

Am nächsten Morgen, der Regen hat aufgehört, es ist bitterkalt (4 Grad) und es bläst ein eisiger Wind in über 2.000 m. In aller Frühe zwänge ich mich in die nassen Klamotten und versuche „Karli“ weiterhin aus seiner Umklammerung von Schlamm, Matsch und Dreck zu befreien. Zwei Stunden später kommt das erste Personal des Aussichtspunktes. Mit viel Überredungskunst und mit Händen und Füßen versuche ich, Hilfe zu organisieren. Ich treffe auf taube Ohren. Wo bleibt die Gastfreundschaft? Die Georgier geben mir zu verstehen: wir hätten die besten Fahrzeuge und sollen uns selber befreien.

Es ist bereits Mittag. Noch einmal stellt sich der Unimog zu einem weiteren Bergeversuch auf. Fehlgeschlagen. Der 13 Tonner MAN will sich davor stellen – und dann versinkt sein rechtes Hinterrad im Schlamm. Er nimmt eine bedrohliche Schräglage ein und uns bleibt fast der Atem stehen. Bergematerial wird umgebaut, der Unimog steht nun vor dem MAN. Wir schaffen wie die Wilden, und unsere Ideen gehen allmählich zu Ende. Philippe zieht an, und langsam bewegt sich das Monster. Der MAN kommt frei. Ein Stein fällt uns vom Herzen.

Jetzt noch die Sandbleche vor Karli, wir haben alles Erdenkliche optimiert, einige Georgier sind nun doch noch zu Hilfe gekommen und arbeiten mit. „Karli“ bewegt sich und Philippe zieht uns 100 Meter durch Dreck und Schlamm. Wir sind frei und liegen uns in den Armen. Ein Drama ist zu Ende!

Wir fahren weiter in den Großen Kaukasus nach Stepantsminda. Parken am Fuße des über 5.000 m hohen „Kazbegi“ mit phantastischer Aussicht. Einen Tag verbringe ich mit Säubern von „Karli“ und dem ganzen Drumherum. Die Bergwelt zieht uns in ihren Bann und lässt das Vergangene vergessen.

Von der „Heeresstrasse“ fahren wir in ein Quertal, genannt das Truso-Tal. 10 km anspruchsvolle Piste ist angesagt. Die großen LKW’s sind mit ihrer Bodenfreiheit und den großen Rädern im Vorteil. Wir schaffen die Piste bis zum Ende des Tals. Und ich bin ebenso geschafft. Pistenfahren war noch nie unsere Lieblingsdisziplin.

Hier sind in grandioser Bergwelt die Menschen bettelarm. Nur wenige Touristen verirren sich in solche Gegenden. Und das sind Overlander wie wir. Diese Gegenden sind nur mit geländegängigen Fahrzeugen erreichbar, und auch nur an 3 – 4 Monaten im Jahr. Wir haben  Glück mit dem Wetter und können diese Strecke bewältigen.

Kurz zusammengefasst:

Werkstattbesuch – Besuch des Klosters Jvari bei Tiflis und der Felsenkirche Katskhi – tägliches Fitness mit Verstärkung – Respekt vor den LKW Fahrern in diesen Gegenden.

Nach dem Besuch des Klosters Gelati und der Stadt Kutaisi fahren wir nach Tskaltubo, eine ehemalige Hochburg mit Sanatorien und Bädern zu Zeiten des großrussischen Reiches. Vieles ist verlottert und verfallen. Einiges aber auch wieder aufgebaut und renoviert.

Nach anstrengendem Einkaufen sind wir neugierig, wollen wissen, wie es in solch einem Edel-Wellness-Sanatorium zugeht. Im Overlander-Outfit werden wir an der Reception vorstellig, lassen uns die Preisliste zeigen. Corinnes Schwabenherz schlägt bei diesen super Preisen schon am Limit und die Versuchung lockt. Aber wir haben nichts dabei, im Gegenteil, wir sind bepackt mit Plastiktüten rechts und links. Brot, Gemüse, Obst usw. Ist eine Massage möglich? Aber ja, sofort. Die Massagechefin zeigt mir eine Plastikunterhose. Oh no, thank you, my problem is in the back size S, in front I have XXL. Vier Damen hinter dem Tresen verdrehen die Augen und haben den Mund sperrangelweit offen. Und hinter mir sagt auch noch Corinne halblaut: Du Angeber.

Und schwubb di wubb liege ich auf der Liege und werde von vorne bis hinten durchgeknetet. Es war herrlich. Als ich gehe, werde ich von einer weiteren Dame gefragt, wann ich wieder komme. Es gibt schon tolle Momente im Leben.

Zu beschreiben, was ich hingegen bei der Besichtigung der vielen „lost places“ aus früheren Zeiten empfinde, rückt in den Hintergrund.

Elisabeth und Rainer

Elisabeth und Rainer aus Deutschland mit ihrem Iveco Daily und Aufbau von Terracab. Unterwegs seit 2021 und auf dem Weg über Armenien und Iran auf die arabische Halbinsel. Kennengelernt im Juli 2022 in Georgien im Großen Kaukasus bei Mestia.

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