Reise nach Iran | Teil 16 – von der Mitte nach Nordwesten:
Mount Black – Mobarakeh – Chelgerd – Koohrang-Flußtal – Fereydunshahr – Lorestan – Dorud
Oktober 2022:
Diese Art von Reisen, wie wir es betreiben, ist spannend und voller neuer Eindrücke. Morgens wissen wir zwar in welche Richtung wir fahren. Ankunft und wo wir übernachten sind immer etwas ungewiss, nach dem Motto „der Weg ist das Ziel“. Meistens stehen wir an Parks, Karawansereien Flussläufen, Aussichtspunkten, Seenufer, Friedhöfen (aber nur zum Übernachten). Eben da wo es attraktiv ist. Im schlimmsten Fall standen wir auch schon mal in Hinterhöfen. Fast täglich wechseln wir den Standort. In einigen Fällen bleiben wir auch für zwei oder drei Tage an einem schönen Übernachtungsplatz. In den Flüssen waschen wir unsere Wäsche. Einkaufen tun wir fast immer unterwegs direkt an der Strasse bei den Bauern und Nomaden.
Und so fahren wir weiter von Yazd über die Rabbits Caravanserai zum Mount Black und Salzsee. Weiter über die Taubentürme nach Mobarakeh südlich Isfahan mit ÜN im Sararud-Park. Und dann weiter nach Chelgerd und Übernachtung im Koohrang-Flusstal.
Von Chelgerd geht es weiter nach Fereydunshahr. Wir genießen die wunderbare Landschaft und finden einen ruhigen ÜN-Patz am Rande eines Parks. Manchmal habe ich einen siebten Sinn, eine innere Eingebung, wenn etwas nicht stimmt. So geschehen in dieser Kleinstadt. Tropft doch tatsächlich etwas Öl, vermutlich Servolenkungsöl auf den Boden. Zwei Jungs, die uns neugierig mit ihren Mopeds wie die Indianer umkreisen, winke ich zu mir. Zeige auf das Problem und frage nach „Mechanik“. Die Notfallkette nimmt ihren Lauf. Das Moped fährt mit Vollgas den Berg hinunter Richtung Stadt und es dauert keine zehn Minuten, bis der Junge mit einem Mechaniker auf dem Moped erscheint. Es wird bereits dunkel, die Hoffnung auf Hilfe schwindet, doch der Mechaniker gibt zu verstehen, daß wir ihm folgen sollen. Es folgt eine längere Fahrt mit unbekanntem Ziel. Wir vertrauen unseren Helfern. Wir passieren nach 1/2 Stunde Fahrt eine Schranke. Ein fast unbewohntes Industriegebiet stimmt uns nachdenklich. Unbehagen macht sich breit, bis wir vor einem Tor stehen bleiben sollen. Vier dunkle Gestalten bitten uns aus dem Wagen zu steigen, um das Problem zu beschreiben. Gesagt, getan, unsere Iraner helfen uns. Karlis Frontschürze wird demontiert. Eine mehrstündige Reparatur nimmt ihren Lauf. Ein O-Ring war gerissen. Doch woher so einen bekommen, wenn keiner vorhanden? Der Chef verschwindet mit dem Moped für eine Stunde während wir Tee trinken. Als dieser dann wieder erscheint nachts um 21 Uhr, wird alles montiert und Karli ist wieder dicht. Welch Glück! Als wir nach dem Preis fragen, schauen uns mehrere ratlose Gesichter an und geben uns zu verstehen, daß es ihnen egal ist was wir zahlen. „You are our guests“. Hat man so etwas schon erlebt? Ein langer Tag geht zu Ende.
Wir sind müde, haben schlecht geschlafen, als wir bei den Nomaden in der Nähe von Golbahar-e Atabaki einen Übernachtungsplatz finden. Wir waren diese Nacht nicht alleine. Eine Maus hat es sich bei uns gemütlich gemacht. Diese knabbert unsere Lebensmittel an und fühlt sich bei uns sauwohl, während ich um meine Elektrokabel bibbere. Solche Nager können einem das Fahrzeug kaputt fressen, geht es mir durch den Kopf. Sind doch da die Nomaden, die uns wieder helfen. Nasser, ein pfiffiger Iraner, zeigt uns nach der Ankunft sein Heimatdorf. Nasser fährt zu seinem Opa, besorgt uns eine Mausefalle. Welch Glück für uns, Pech für den kleinen Fresser. Die Falle schnappt zu, wenngleich ich ungerne Tiere töte.
Am nächsten Morgen wollen wir weiter nach Dorud, müssen dazu einen Pass überqueren. Voraussicht ist angesagt. Es gibt nur wenige Ausweichstellen bei Gegenverkehr. Und ausgerechnet an einer unübersichtlichen Stelle kollidieren fast zwei Laster mit uns. Alle steigen aus, jeder gibt seinen Ratschlag, um diese verzwickte Situation zu klären. Ich will 200 Meter zurücksetzen auf engster Piste. Unmöglich, Corinne will mich einweisen, wird von den Iranern lautstark übertönt, auf die Seite geschoben. Vor mir steht einer, hinter mir steht einer – das Chaos ist perfekt. Der Capitano steigt aus, bittet die Helfer zu einer Unterredung. Bitte die „Klappe“ halten, Tee trinken und Corinne übernimmt die Einwinkerfunktion. Nach einer halben Stunde entspannt sich die Situation. Die Iraner staunen, was ein eingespieltes Team so alles kann und sind überglücklich und dankbar.