Iran 2022 | Teil 17 – Iran – der Nordwesten: auf dem Weg zur türkischen Grenze

Reise nach Iran | Teil 17 – der Nordwesten:

Hamadan – Katale Khor Cave – Takht-e Soleyman – Urmia-See – Koy – Grenze Iran/Türkei   

Oktober 2022:

Unser Kurs zeigt Nordwest Richtung iranisch-türkische Grenze. Das ein oder andere Mal denken wir an zu Hause. Wir machen Strecke, fahren jeden Tag 200 bis 300 km. Ganz anders, waren wir es doch gewohnt, wesentlich kürzere Distanzen zurück zu legen. Und als ob jemand den Schalter umlegt, wird es von heute auf morgen deutlich kälter. Wir schlafen wieder besser und morgens kommt die Heizung zum Einsatz. Ein erster Vorgeschmack auf Europa.

Die Unruhen und Prosteste haben zugenommen. Wir meiden Städte und Menschenansammlungen. Internet, WhatsApp und sonstige Kommunikationsmittel sind nicht mehr oder allenfalls sehr eingeschränkt nutzbar. Wir sind nahezu isoliert von der Außenwelt. Deutlich wird das, als unser Navi uns anzeigt, daß wir uns angeblich auf der Landebahn von Teheran befinden. Ich frage Corinne, ob sie das Gleiche sieht wie ich, oder ob das erste Anzeichen von Demenz sind. Tatsächlich, wir sind mitten in der Pampa, und nicht auf der Landebahn von Teheran. Ich bin beruhigt. Navigiert wird jetzt nach der Sonne und den Sternen. Haben doch schon unsere Vorfahren so gemacht.

Das Ende unserer Reise im Iran naht. Wir verbringen die vorletzte Nacht am Urmia-Salzsee und gnießen noch einmal die einmalige Natur. Heimweh nach Deutschland, als auch der nahende Abschied von diesem lieb gewonnenen Land machen sich bemerkbar.

In Khoy, der letzten Stadt vor der Grenze, haben wir ein gemeinsames Abendessen und lassen unsere Erlebnisse Revue passieren. Schwermut macht sich breit. Aber so ist das Leben. Am nächsten Morgen geht es an die Grenze.

Iran 2022 | Teil 16 – Iran – von der Mitte nach Nordwesten: Wüsten und Berge

Reise nach Iran | Teil 16 – von der Mitte nach Nordwesten:

Mount Black – Mobarakeh – Chelgerd – Koohrang-Flußtal – Fereydunshahr – Lorestan – Dorud 

Oktober 2022:

Diese Art von Reisen, wie wir es betreiben, ist spannend und voller neuer Eindrücke. Morgens wissen wir zwar in welche Richtung wir fahren. Ankunft und wo wir übernachten sind immer etwas ungewiss, nach dem Motto „der Weg ist das Ziel“. Meistens stehen wir an Parks, Karawansereien  Flussläufen, Aussichtspunkten, Seenufer, Friedhöfen (aber nur zum Übernachten). Eben da wo es attraktiv ist. Im schlimmsten Fall standen wir auch schon mal in Hinterhöfen. Fast täglich wechseln wir den Standort. In einigen Fällen bleiben wir auch für zwei oder drei Tage an einem schönen Übernachtungsplatz. In den Flüssen waschen wir unsere Wäsche. Einkaufen tun wir fast immer unterwegs direkt an der Strasse bei den Bauern und Nomaden.

Und so fahren wir weiter von Yazd über die Rabbits Caravanserai zum Mount Black und Salzsee. Weiter über die Taubentürme nach Mobarakeh südlich Isfahan mit ÜN im Sararud-Park. Und dann weiter nach Chelgerd und Übernachtung im Koohrang-Flusstal.

Von Chelgerd geht es weiter nach Fereydunshahr. Wir genießen die wunderbare Landschaft und finden einen ruhigen ÜN-Patz am Rande eines Parks. Manchmal habe ich einen siebten Sinn, eine innere Eingebung, wenn etwas nicht stimmt. So geschehen in dieser Kleinstadt. Tropft doch tatsächlich etwas Öl, vermutlich Servolenkungsöl auf den Boden. Zwei Jungs, die uns neugierig mit ihren Mopeds wie die Indianer umkreisen, winke ich zu mir. Zeige auf das Problem und frage nach „Mechanik“. Die Notfallkette nimmt ihren Lauf. Das Moped fährt mit Vollgas den Berg hinunter Richtung Stadt und es dauert keine zehn Minuten, bis der Junge mit einem Mechaniker auf dem Moped erscheint. Es wird bereits dunkel, die Hoffnung auf Hilfe schwindet, doch der Mechaniker gibt zu verstehen, daß wir ihm folgen sollen. Es folgt eine längere Fahrt mit unbekanntem Ziel. Wir vertrauen unseren Helfern. Wir passieren nach 1/2 Stunde Fahrt eine Schranke. Ein fast unbewohntes Industriegebiet stimmt uns nachdenklich. Unbehagen macht sich breit, bis wir vor einem Tor stehen bleiben sollen. Vier dunkle Gestalten bitten uns aus dem Wagen zu steigen, um das Problem zu beschreiben. Gesagt, getan, unsere Iraner helfen uns. Karlis Frontschürze wird demontiert. Eine mehrstündige Reparatur nimmt ihren Lauf. Ein O-Ring war gerissen. Doch woher so einen bekommen, wenn keiner vorhanden? Der Chef verschwindet mit dem Moped für eine Stunde während wir Tee trinken. Als dieser dann wieder erscheint nachts um 21 Uhr, wird alles montiert und Karli ist wieder dicht. Welch Glück! Als wir nach dem Preis fragen, schauen uns mehrere ratlose Gesichter an und geben uns zu verstehen, daß es ihnen egal ist was wir zahlen. „You are our guests“. Hat man so etwas schon erlebt? Ein langer Tag geht zu Ende.

 

Wir sind müde, haben schlecht geschlafen, als wir bei den Nomaden in der Nähe von Golbahar-e Atabaki einen Übernachtungsplatz finden. Wir waren diese Nacht nicht alleine. Eine Maus hat es sich bei uns gemütlich gemacht. Diese knabbert unsere Lebensmittel an und fühlt sich bei uns sauwohl, während ich um meine Elektrokabel bibbere. Solche Nager können einem das Fahrzeug kaputt fressen, geht es mir durch den Kopf. Sind doch da die Nomaden, die uns wieder helfen. Nasser, ein pfiffiger Iraner, zeigt uns nach der Ankunft sein Heimatdorf. Nasser fährt zu seinem Opa, besorgt uns eine Mausefalle. Welch Glück für uns, Pech für den kleinen Fresser. Die Falle schnappt zu, wenngleich ich ungerne Tiere töte.

Am nächsten Morgen wollen wir weiter nach Dorud, müssen dazu einen Pass überqueren. Voraussicht ist angesagt. Es gibt nur wenige Ausweichstellen bei Gegenverkehr. Und ausgerechnet an einer unübersichtlichen Stelle kollidieren fast zwei Laster mit uns. Alle steigen aus, jeder gibt seinen Ratschlag, um diese verzwickte Situation zu klären. Ich will 200 Meter zurücksetzen auf engster Piste. Unmöglich, Corinne will mich einweisen, wird von den Iranern lautstark übertönt, auf die Seite geschoben. Vor mir steht einer, hinter mir steht einer – das Chaos ist perfekt. Der Capitano steigt aus, bittet die Helfer zu einer Unterredung. Bitte die „Klappe“ halten, Tee trinken und Corinne übernimmt die Einwinkerfunktion. Nach einer halben Stunde entspannt sich die Situation. Die Iraner staunen, was ein eingespieltes Team so alles kann und sind überglücklich und dankbar.

Iran 2022 | Teil 15 – Iran – die Mitte: über Canyons zur antiken Stadt Yazd

Reise nach Iran | Teil 15 – über die Mitte nach Nordwesten

Tabas – Kal-e Jeni Canyon – Morteza Ali Canyon – Desert One Landing Site – Rabat-e Posht – Yazd   

Oktober 2022:

Erst sind es die Berge, dann die Wüste, und jetzt die Canyons. Iran ist wahnsinnig vielfältig. Wir fahren nach Tabas. Sicherlich gibt es dort auch Tabak, aber vielmehr beeindruckt ein Canyon genannt „Kal-e Jeni„. Solche Namen können wir Deutschen uns nur ganz schwer merken, aber umso mehr die wunderschöne, tief eingeschnittene Landschaft mit ihren Wasserläufen. Und dann kostet das noch nicht mal Eintritt. Da lacht doch das pfälzische Schwabenherz! Und weil es dort so toll war, folgt am nächsten Tag der Canyon „Morteza Ali„. Ähnlich beeindruckend mit bleibenden Erinnerungen. Aber immer diese Namen.

Dabei fühlen sich die Iraner mit den Deutschen historisch gesehen sehr stark verbunden. Deutsche und Iraner sind Arier. Hat aber nichts mit den großen, blonden blauäugigen Menschen zu tun, die sich ein gewisser Herr Mitte des 20. Jahrhunderts gewünscht hat. Nein, zu Zeiten der Völkerwanderung gab es bereits die Arier. Die einen wurden sesshaft im Iran, die anderen wanderten noch weiter nach Westeuropa. Asterix müsste demnach also auch Arier gewesen sein, obwohl der doch gar nicht danach aussieht!!!

Manchmal klappt nicht immer alles nach Plan. So geschehen in der Wüste an einem Platz genannt „Desert One Landing Site„. Die Amis hatten im Jahr 1980 eine Geiselbefreiung geplant, was aber gründlich in die Hosen ging. Lest selbst nach, und das, was dabei heraus kam, seht nur selbst. Doch zuvor durchkreuzen wir die Wüste mit all ihren tiefbleibenden Eindrücken.

https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Eagle_Claw

Die Wüste kann einsam sein. Aber da gibt es ja noch Elizabeth und Rainer, die wir bereits im Kaukasus kennen gelernt haben und die wir hier im Iran wieder treffen. Wir verbringen zusammen wunderbare Stunden mit Essen, Tratschen und dem Austausch des bereits Erlebten. Der Abschied fällt uns schwer.

Als wir auf dem Weg nach Yazd sind, höre ich bei einer bestimmten Drehzahl ein mir unbekanntes Geräusch bei „Karli“. Der wird mir doch nicht schlapp machen. Abends liege ich eine Stunde unter dem Fahrzeug bis ich erkenne, daß am DPF ein Stahlwinkel gebrochen ist. Uns wird eine Hinterhofwerkstatt empfohlen. Als wir an deren Stahlpforte klopfen, öffnet eine Person ölverschmiert und etwas unappetitlich aussehend das Stahltor. Das, was wir dann sehen, erinnert mehr an einen Schrottplatz, als an eine Werkstatt. Aber mit einfachsten Mitteln wird das gebrochene Teil geschweißt und „Karli“ ist wieder einsatzbereit.

Danach wollen wir gleich tanken und als wir dabei sind mit dem Tankwart um den Preis zu verhandeln, mischt sich ein LKW-Fahrer in das Gespräch ein. Gibt zu verstehen, daß er genügend Diesel in seinen Tanks hat und uns gerne etwas abgibt. Wir stellen uns nebeneinander, der Gartenschlauch wird zweckentfremdet und schon fließt der Diesel in unsere Tanks. Uns ist es peinlich, weil es so lange dauert und wir die Zeit des Fahrers in Anspruch nehmen. Falsch gedacht. In der einstündigen Dieselpause holt dieser seinen Teekocher und wir genießen bei viel Gelächter die iranische Gastfreundschaft. Diese Iraner!

Danach geht es direkt in die historische Altstadt von Yazd, der westlichsten Wüstenstadt Irans, die zum größten Teil noch aus Lehmziegeln besteht und einen krassen Gegensatz zu den bisherigen Städten darstellt. Alles ist ursprünglich. Die Häuser, die Windtürme als auch die Menschen. Eintausend und eine Nacht lässt grüßen.

Iran 2022 | Teil 14 – Iran – der Süd-Osten: Wüste Lut und alte Wüsten-Städte

Reise nach Iran | Teil 14 – der Südosten

Shadad – Wüste Lut – Mahan – Kerman – Karawanserei Chah-e Karo – Nay Band – Esfahak   

September/Oktober 2022:

Lut –  die heißeste Wüste der Welt. Hier wurden schon bis zu 70 Grad gemessen. Im Internet haben wir uns bereits über diesen faszinierenden Fleck auf unserer Erde informiert. Auf dem Weg dahin finden wir zum Übernachten keinen geeigneten Platz, fragen in Shadad einen Passanten, ob er denn einen guten schattigen Platz kennt und welch Wunder, er öffnet unmittelbar nur 100 Meter weiter ein Stahltor zu einer Einfahrt und wir stehen mitten in einer schattigen Lodge. Duschen, aber dieses mal ohne „Katzenwäsche“, ach tut das gut. Wir genießen die Zeit dort in vollen Zügen und fahren anschließend direkt in die Wüste. Nur 2 km von der Hauptverkehrsstraße darf man in diese hineinfahren. Die Sicherheit in der Gruppe macht uns mutig, auch mal etwas weiter in die Wüste Lut einzutauchen. Und bevor wir uns versehen, stecken wir auch schon wieder fest. Über 40 Grad ist es heiß. Ich muss lange Hosen anziehen, da das Knien bei dieser Hitze nahezu unmöglich ist und das Ende September. Die Sandbleche werden abgeschraubt und ohne diese wäre ein Weiterfahren unmöglich. Am Nachmittag läßt es sich nur im Schatten unserer Fahrzeuge noch aushalten. Die Stille, die unendliche Weite und die Faszination der Natur sind unbeschreiblich. Wir genießen dieses Schauspiel.

Was macht das Leben so schön? Es ist die Mischung aus Natur und den Menschen. Nach der Einsamkeit in der Wüste folgt das Chaos in den Städten. Es gibt zwar Regeln und Schilder in den Städten. Diese werden jedoch nicht befolgt und jeder macht was er will. Blinker werden so gut wie nie gesetzt, und bei den meisten Fahrzeugen sind diese sowieso kaputt. Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt und irgendwie macht es auch Spaß so zu fahren wie die Iraner. Ob das noch alles so klappt, wenn wir wieder in Deutschland sind?

Wir besichtigen die Städte Mahan und Kerman mit all ihren Moscheen und folgen den vielen netten Einladungen.

Wir fahren weiter nach Nay Band und über die Kurit Talsperre nach Esfahak. Wann immer es eine Karawanserei gibt, zieht es uns dahin. Eigentlich wie die Kamele früher, um diese zu tränken und ihnen eine Pause zu gönnen.

Bei all diesen mittelalterlichen Raststätten fragen wir uns dann schon mal, was wir eigentlich sind?

Iran 2022 | Teil 13 – Iran – der Süden: Canyons, Wüsten und Lehmburgen

Reise nach Iran | Teil 13 – der Süden

Hayghar-Valley – Dschahrom – Sirdschan – Lalezar-See – Rayen – Bam    

September 2022:

Nach drei Tagen in Shiraz fahren wir weiter nach Süden. Dieses Land scheint unendlich groß zu sein. Je weiter wir nach Süden kommen, desto trockener, heißer und vegetationsärmer zeigt sich die Landschaft. Die Sicht ist fantastisch. Man sieht von „Pol zu Pol“. Wir besuchen Taleinschnitte wie den Hayghar Canyon, der größer als der „Grand Canyon“ in Amerika ist. Die Übernachtungsplätze sind einfach nur überwältigend. Wir genießen die Stille und die respekteinflößende Natur.

Als wir aus dem Gebirge kommend die nächste Ortschaft Dschahrom aufsuchen, tun wir uns schwer, einen ansprechenden Übernachtungsplatz zu finden. Nach langem Suchen stellen wir Karli in einem Palmenhain ab. Kaum ausgestiegen, parkt ein PKW neben uns, schwarz gekleidete Männer steigen aus, wollen Papiere und unser Fahrzeug sehen. Sie seien besorgt um unsere Sicherheit und dieser scheinbar schöne Übernachtungsplatz sei gefährlich. Warum können sie uns nicht erklären, aber ich mache zur Bedingung, diesen Platz nur dann zu verlassen, wenn sie uns einen anderen gleichwertigen vermitteln. Fünf schwarze Männer telefonieren wie aufgedreht und nach einer halben Ewigkeit telefonieren sollen wir ihnen folgen. Wir fahren weit außerhalb der Stadtgrenze, bis wir an einem Reiterhof anhalten, das Tor aufgeht und Ramtin, der freundliche Besitzer, uns willkommen heißt. Wir werden wieder verwöhnt und dürfen seine Duschen benutzen, während er in die Stadt fährt, um uns ein Abendessen zu besorgen. Die Gastfreundschaft nimmt seinen Lauf. Abends ab 21 Uhr kommen dann iranische Reitschüler. Sofort werde ich angesprochen, ob ich es nicht auch mal  probieren will mit dem Reiten. Das lässt sich der Capitano nicht zweimal sagen und schwuppdiwupp sitzt dieser auf einem stolzen Pferd. Wir verbringen wieder diskussionsreiche Stunden mit Ramtin, dem Besitzer des Pferdehofs und mit Shima, der Reitlehrerin. Hier lässt es sich aushalten! Schwer fällt uns der Abschied am nächsten Morgen.

Als wir auf dem Weg nach Darab sind, suchen wir eine Tankstelle. Kaum angekommen, winkt der Tankwart uns zu einer kleinen Hütte hinter dem Tankstellengebäude. Er reicht uns den Zapfhahn. Corinne ist skeptisch und weist mich darauf hin, daß wir den Preis im Vorfeld noch nicht ausgehandelt haben. Ich lasse es darauf ankommen und man glaubt es fast nicht. Der Tankwart winkt ab, möchte kein Geld von uns und wünscht uns eine gute Weiterfahrt. „You are my guests“ ist das, was er uns mit auf den Weg gibt.

Wir überqueren den Pass nach Sirdschan in über 2.400 m. Dort ist es angenehm kühl. Wir bleiben hier zwei weitere Tage, ehe wir wieder in wärmere Gefilde zum Salzsee westlich von Sirdschan fahren.

Wir nähern uns nach einem Zwischenstop am Lalezar-See auf 3.000 m Höhe dem südlichsten Punkt unserer Reise, der Stadt Bam. Wüstenähnliche Gegenden, Salzseen und Karawansereien lassen erahnen, welche Rolle diese Handelsstraßen vor noch gar nicht allzu langer Zeit gespielt haben. Wir übernachten in Rayen bei einer dieser gut erhaltenen schon mystisch wirkenden Lehmbauten und fühlen uns wie in tausend und einer Nacht.

Als wir in Bam, der südlichsten Stadt Irans ankommen, besichtigen wir die nach einem schweren Erdbeben in 2003 zerstörte antike Lehmziegelburg-Anlage Arg-e Bam. In den letzten Jahren hat man diese wieder größtenteils aufgebaut und wir können uns gut das Leben in früheren Jahren vorstellen.

Als wir in einem Wohngebiet einen Platz zum Übernachten finden, gibt es einen Menschenauflauf. Noch nie haben die Kinder und auch die Erwachsenen in dieser Stadt Deutsche kennen gelernt. Entsprechend groß ist die Neugierde an uns und Karli. Wir müssen mit Händen und Füßen und Google-Übersetzer viel erzählen, wie es denn so ist im Westen. Dafür werden wir mit Gemüse, Obst, Datteln und einer warmen Suppe aufs Allerbeste versorgt. Ablehnen kommt einer Beleidigung gleich.

Iran 2022 | Teil 12 – Iran – die Mitte: von Isfahan nach Shiraz

Reise nach Iran | Teil 12 – die Mitte

Abyaneh – Isfahan – Dena-Gebirge – Persepolis – Shiraz       

September 2022:

Isfahan ruft. Eine moderne Stadt, von der wir schon so viel gehört haben. Der Meidan-e Emam Platz, die Fußgängerzonen, der Bazar und ein Treiben von Menschen und Verkehr wie im Hexenkessel. Um dorthin zu gelangen, fahren wir zu einem Hotel im Stadtkern. Dort können wir unsere Fahrzeuge abstellen und wollen uns für drei Tage für wenig Geld ein Zimmer mieten.

Wäre da nur nicht dieser chaotische Verkehr. Wir sind wie immer beide hochkonzentriert. Corinne’s Wortschatz hat sich auf ein Minimum reduziert. Vorsicht, links hinten, rechts, die wollen uns sandwichen, was macht der denn, der Sack, voll asozial, usw. Es gibt Regeln – wir haben sie leider noch nicht verstanden. Nur theoretisch. Jeder macht, was er will – Chaos pur. Wir sind erleichtert, als wir unser Fahrzeug unbeschädigt auf dem Hotelparkplatz abstellen können.

Und dann beziehen wir unser Zimmer. Wir sehnen uns nach einer Dusche ohne Wasserlimitierung. Wüstenstaub ade. Luxus tut manchmal auch gut.

Nachmittags ist die Stadt wie leer gefegt. Ab 18 Uhr beginnt das Treiben und Pulsieren dieser prächtigen Großstadt. Wir schlendern durch die Fußgängerzonen und der Besitzer von einem umgebauten VW-Kaffeebus lädt uns ein und erklärt uns „Taarof“. Soll heißen: der typische Iraner lädt uns ein. Antwort – nein danke. Das Gleiche wiederholt sich. Hat dieser sich nach dem zweiten Mal „nein danke“ noch immer nicht verabschiedet, wird es ernst. Nach der dritten Einladung kommt eine Ablehnung einer Beleidigung gleich. Da mußt Du einfach nachgeben und Dich auf dieses „tete-à-tete“ einlassen. Was dann folgt, ist eine Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft, wie wir sie in Deutschland nicht kennen.

Auf dem Meidan Platz picknicken hunderte von Leuten. Man hört Lachen, Schreien, Singen und die Stimmung ist einzigartig und leichtlebig. Uns streifen unzählige Blicke. Man erkennt, daß wir aus einer anderen Welt kommen. Eine Einladung folgt der anderen. Die Neugierde weckt Begehrlichkeiten und viele wollen von uns wissen, wie es außerhalb von Iran zugeht.

Der Besuch von Mausoleen, Bazaren, Moscheen, Teppichhändlern und typisch persischen Restaurants lassen uns wenig zur Ruhe kommen. Nach drei Tagen Isfahan sehnen wir uns wieder nach Ruhe und der unendlich scheinenden Wildnis des Irans. Wir fahren weiter in Richtung Süden.

Der Weg führt uns weiter durch das Dena-Gebirge. Gegensätze ziehen sich an. Diese einzigartige Natur bildet den Kontrast zu Isfahan. Wenige Menschen, wenig Verkehr. Was bleibt, ist die Herzlichkeit der Menschen und eine Einladung zum Essen und Chai trinken bei einer Großfamilie.

Als wir einen abgelegenen Platz am Rande einer Siedlung beim Wasserfall Tang-e Boraq anfahren, parken wir vor einem Haus, verlassen unser Fahrzeug und sind auf dem Weg zu dem so hochgepriesenen Wasserfall. Nach nur wenigen Metern ruft eine Stimme „Stop, come back!“ Corinne zuckt zusammen: Hab ich’s mir doch gedacht, der will bestimmt, daß wir umparken. Will nicht, daß so ein LKW vor seinem Wohnzimmer parkt. Kleinlaut gehen wir zurück.  Es ist Hössein, ein Iraner jungen Alters, der sich als Guide vorstellt und uns eine Führung anbietet. Und was fragt dann eine schwäbische Frau? Was koschtet’s? Die iranische Mimik zeigt uns ein noch größeres Fragezeichen. Was folgt, ist eine „First Class“ Führung mit anschließendem Essen bei ihm und seiner Frau Fatimah zu Hause und einer dicken Portion Eis. Woher die immer wissen, was der Capitano so gerne ißt? Wie immer die iranische Gastfreundschaft. Eine Entlohnung wird selbstverständlich nicht angenommen.

Und dann ist da die antike Stadt Persepolis, UNESCO-Weltkulturerbe. Gegründet von Dareios I., erobert und zerstört von Alexander dem Großen. Der Wüstensand hat diese Stadt in Sand eingehüllt und konserviert. Vor nicht allzu langer Zeit wieder ausgegraben, präsentiert sich Persepolis in gut erhaltenem Zustand. Die Sonne geht unter und eine ergreifende Stimmung überzieht die Ruinen. Wenn Steine reden könnten…

Auch wenn wir mit vollen Tanks (400 Liter) fast 3.000 km fahren können, halten wir nach wenigen hundert gefahrenen Kilometern an den LKW-Tankstellen an und versuchen an Diesel zu kommen. Wir können meistens nur zwischen 50 – 100 Liter bekommen. Der Iraner zahlt den Sprit immer mit seiner Karte wie im modernen „Westen“. Und nur mit dieser iranischen Karte ist Tanken möglich. Aufgrund der Sanktionen können Touristen aber nur bar bezahlen. Daher sind wir darauf angewiesen, dass uns die LKW-Boys etwas von ihrem Spritkontingent abgeben und unseren Diesel mit ihrer Karte bezahlen. Und wir geben ihnen das Geld dann in bar. Oft kommt es zu einer lustigen Runde mit netten Bekanntschaften. Wir mussten aber auch schon fünf Tankstellen anfahren, bis wir Glück hatten und es geklappt hat. Aber Weltreisende haben Zeit und suchen nun mal auch den Kontakt zu den Einheimischen.

Wir wollen nach Shiraz. Eine riesige Stadt mit unzähligen Moscheen und Sehenswürdigkeiten. Nur zu dumm, dass heute ein iranischer Feiertag ist und die größte und imposanteste Moschee Shah Cheragh mit dem Mausoleum von Ahmed bin Musa nur Einheimischen vorbehalten ist. Wir machen uns wenig Hoffnung, an diesem Ritual teilnehmen zu können. Am Haupteingang wuselt es nur so von schwarz gekleideten Iranerinnen. Zwei Touristen werden kurzerhand am Eingang abgewiesen. Wir stehen mit respektvollem Abstand etwas abseits, als uns ein vornehmer Herr zu sich bittet und fragt, ob wir in die Moschee wollen. Wir können es kaum glauben, stimmen sofort zu. Er bleibt bei uns, erklärt die Zeremonien und den Ablauf eines solchen heiligen Tages. Nur ganz wenige Touristen dürfen hier teilhaben. Glück muss man haben! 

Wir setzen uns mitten in die vor der Moschee sitzenden Frauen. Es ist brechend voll. Unzählige neugierige Blicke sehen uns verwundert an. Manchmal hört man dezentes Kichern und es wird eifrig geflüstert. Es ist ein freundliches Miteinander und eine entspannte, lockere Atmosphäre. Zwischendrin stehen alle auf und sprechen irgendwelche für uns unverständliche Gebete. Wir machen alles mit und tun so als ob. Verstecken ist schwer möglich und so sind wir der absolute Mittelpunkt. Allah wird es uns hoffentlich verzeihen.