Marokko | Teil 6 – Fahrt nach Norden durch West-Sahara und den Süden von Marokko

Reise nach Marokko | Teil 6  – Fahrt nach Norden durch West-Sahara und den Süden von Marokko:

Grenze – Lamhiriz – El Argoub – Boujdour – Tan-Tan – Ksar Tafnidilt – Guelmim – Vallée Abaynou

Februar 2024:

Wir nähern uns der mauretanisch-marokkanischen Grenze von Nouakchott kommend mit etwas Herzklopfen. Haben wir bei dem Grenzübergang in die andere Richtung vor einigen Wochen doch fast 10 Stunden gebraucht. Überraschenderweise läuft jetzt alles umso reibungsloser. Nach nur 2 1/2 Stunden haben wir die vielen Kontrollen einschließlich Röntgen von „Karli“, Drogenkontrolle und vieles andere glücklich überstanden. In West-Sahara oder besser Süd-Marokko gibt es nicht viel zu sehen. Dafür ist die Verbindungsstraße nach Norden richtig gut zu befahren. Wir übernachten häufig bei Fischerorten und essen auch des öfteren Fisch, oder in diesem Fall einen Tintenfisch. In El Argoub erwischt es mich. Schon nachts spüre ich, daß etwas nicht stimmt. Erste Spekulation meiner lieben Ehefrau: Überfressen mit „Ritter Sport“. Mit Ritter Sport überfressen – niemals! Die Abfahrt nach Norden wird unterbrochen durch mehrere Zwangspausen, bei denen es zu einem Wiedersehen mit dem abendlichen Mahl kommt. Also doch nicht die „Ritter Sport“. Daß man immer die Schuld auf das alt Bewährte schieben muss! 🤩

Und ein Unglück kommt selten allein. Bei meinem morgendlichen Check um Karli fällt mir auf, daß Diesel aus dem Zusatztank tropft. Wir suchen so schnell wie möglich die nächstgrößere Stadt auf – Boujdour. Zwei Jungs auf einem Moped sind behilflich und führen uns zu diversen Werkstätten. Bei der vierten haben wir dann Glück und der Ausbau kann beginnen. Zuvor Diesel abpumpen, Tank ausbauen, Alu schweissen und das Ganze dann wieder in umgekehrter Reihenfolge einbauen. Nach fünf Stunden schwerer Arbeit werden wir im Dunkeln fertig und man erriecht, welche Arbeit wir verrichtet haben. Der Capitano bekommt Wohnverbot. Eine Grundreinigung seiner Person ist mehr als überfällig. Wir sind todmüde, doch die Reise kann weiter gehen.

Als Flieger wollen wir unbedingt das Museum von dem Piloten und Autor (Der kleine Prinz), Antoine de Saint Exupery, in Tarfaya besuchen.

Wir wollen uns mit Freunden  (Martina und H.P.) auf einem Campingplatz am Fort Tafnidilt in der Nähe von Tan-Tan treffen. Eine steinige Piste, die auf die letzten Kilometer immer sandiger und weicher wird, führt uns zu unserem Ziel. Ohne Zwischenfälle schaffen wir es gerade eben so dort anzukommen. Was dann folgt ist ein herzliches Wiedersehen, gute Gespräche, und zwei Tage Sandsturm. Nach diesen zwei Tagen sind wieder 8 km Piste zur Asphaltstrasse zu fahren. Sandverwehungen sind keine Seltenheit. Die ersten können wir noch bezwingen. Doch bei der letzten erwischt es uns kalt. H.P. kommt mit seinem 10-Tonner noch gut durch, wir dagegen bleiben stecken. Schaufeln ist angesagt. Die Luft wird mehr als die Hälfte abgelassen, doch Karli fühlt sich in diesem Sandhaufen pudelwohl. Rien ne va plus – nichts geht mehr! Das Bergematerial wird ausgepackt und nach einigen Diskussionen über die Vorgehensweise beim Abbergen, schaffen wir es nach dem dritten Anlauf frei zu kommen. Sand fahren war noch nie die Stärke von „Karli“. Aber wir sind wieder fahrbereit! 👍

Marokko | Teil 5 – Fahrt durch Mauretanien

Reise nach Marokko | Teil 5  – Fahrt durch Mauretanien:

Nouadhibou – Chami – Akjoujt – Atar – Chinguetti – Nouakchott – Nationalpark Banc d’Arguin – Grenze bei Boulenouar    

Januar/Februar 2024:

An einer Tankstelle unmittelbar vor der Grenze zu Mauretanien verbringen wir die letzte Nacht. Am nächsten Morgen erwartet uns eine Schlange von Fahrzeugen und LKW`s, die etwa 100 m lang ist. Noch sind wir optimistisch.

Doch es kommt meistens anders, als man denkt. Knapp 3 Stunden Mittagspause gönnen sich die marokkanischen Grenzbeamten. Wir machen mit, ob wir wollen oder nicht. Zwischenzeitlich sind knapp 6 Stunden vergangen. Röntgen von Karli, Drogenkontrolle und ich bekomme feuchte Hände vom vielen Zeigen der Pässe, Fahrzeugschein, und was die sonst noch so wollen.

Doch dann geht es endlich durch das Niemandsland. Man warnt uns, die Straße nicht zu verlassen, da links und rechts alles vermint ist. Hamid, ein sogenannter „Schleuser“, ist uns auf der mauretanischen Seite für ein geringes Entgelt behilflich. Sich alleine zurecht zu finden ist fast nicht möglich.  Es vergehen weitere 2 Stunden. Unsere Nerven sind zwischenzeitlich nicht mehr die besten, als ein Grenzbeamter am letzten Schlagbaum vor der Einreise zu Mauretanien die Kfz-Versicherung verlangt. Unsere hoch offizielle von Deutschland ausgestellte und in französisch geschriebene Bestätigung wird nicht akzeptiert. Aggressiv und pampig wird uns erklärt, daß wir nicht passieren dürfen, bevor wir nicht eine mauretanische Versicherung abgeschlossen haben. Der Capitano steigt aus und spricht ein Machtwort. Man schickt uns wieder zurück in ein Office. Pässe und Fahrzeugschein haben die Mauretanier. Die Stimmung ist aufgeheizt, und mit uns stehen hier 10 weitere Personen aus aller Herren Länder. Das Chaos ist perfekt.

Wir versuchen, dem Beamten unsere Position und Argumente zu erklären, als dieser plötzlich den Bildschirm ausschaltet, den Stuhl zur Seite schiebt, einen Teppich ausbreitet und sich kniend vor mir verbeugt. Mir ist das fast schon peinlich, bitte ihn doch aufzustehen. Ist doch alles gar nicht so schlimm. Erst jetzt merke ich, der betet, und das mitten in der Rush hour. Zwei weitere Muslime machen mit. Und wir stehen inmitten dieser vollkommen fremden Welt, schauen in den Himmel und hoffen, daß egal wer da oben uns beisteht.

Wir bleiben standhaft, verlangen unsere Pässe und erklären, daß wir wieder ausreisen wollen und die Heimfahrt nach Deutschland antreten werden. Man vertröstet uns. Die mauretanische Ehre ist angegriffen. Nach einer weiteren Stunde bekommen wir einen offiziellen Passierschein und dürfen nach etwa 10 Stunden Aufenthalt an der Grenze nach Mauretanien einreisen. Inschallah!

Nach dem Chaos an der Grenze müssen wir uns erholen. In den zwei Tagen in der Nähe von Nouadhibou wird überlegt. 400 km Piste zu fahren bei Sandsturm oder 150 km mehr, aber dafür auf Asphalt. Eine alte Overlander Regel besagt: nehme immer den einfachen Weg, auch wenn dieser länger ist. Diese Regel hilft uns bei der Entscheidungsfindung, obwohl wir auf der scheinbar leichteren Strecke häufig pistenähnliche Zustände antreffen. 2 Tage anstrengendes Fahren und wir sind in Atar. Angeblich eine Großstadt. Wir queren diese in 10 Minuten von Ost nach West und dann von Nord nach Süd. Und das war’s. Was bleibt, sind bleibende Eindrücke vom Markt und den einfachen und armen, aber sehr hilfsbereiten Menschen. Vollkommen anders als in Marokko. Ein mentales Umdenken ist erforderlich. Wir sind im tiefsten Afrika.

Von Atar wollen wir nach Chinguetti, eine Stadt, die immer wieder von vielen  Sandstürmen verschüttet wird und bereits dreimal neu erbaut wurde. Straßen dorthin gibt es keine, dafür Wellblechpisten in ausgeprägtester Form. Man empfiehlt uns, einen „Hilux“ mit einem mauretanischen Fahrer zu mieten. Gute Bandscheiben und ein robuster Magen sind erforderlich. Zwischendurch machen wir eine Teepause. Ahmed, unser Fahrer, und ich suchen Holz, Geäst, um ein Feuer in der Wüste zu entfachen. Währenddessen ist Ahmed verschwunden. Nach einigen Minuten finde ich ihn sitzend hinter einem kleinen Steinhügel, Ich mache mir Sorgen und frage, ob es ihm gut geht. Ein verschmitztes Grinsen ist die Antwort, als unter seinem „Bou Bou“ ein Rinnsal sich seinen Weg sucht. Ich verstehe, stelle keine weiteren Fragen und mache mir dazu so meine Gedanken.

Die Menschen in Chinguetti sind bettelarm. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie mit  Viehwirtschaft und etwas Tourismus. Die meiste Zeit verbringen sie in ihren Lehmhütten. Temperaturen bis zu 50 Grad sind im Sommer keine Seltenheit. Elektrizität, Kanalisation und all das, was wir Europäer tagtäglich als selbstverständlich ansehen, sind hier die Ausnahme.

Es folgt der Besuch von Sanddünen, soweit das Auge reicht. Oasen gibt es wenige, Wasser ist Mangelware. Doch ein Besuch lohnt sich! Es ist wie in 1001 Nacht. Als wir nach 2 Tagen wieder nach Atar in unser Camp zurückkehren, hat sich die Dorfjugend versammelt. Eine Theatervorführung ist angekündigt. Jeder hat seinen Spaß, egal welche Hautfarbe, Sprache oder Nationalität er hat. Auch das ist Afrika.

Nach mehreren Tagen in Atar fahren wir weiter nach Nouakchott, der Hauptstadt Mauretaniens. Dort muss man sich den Fischmarkt anschauen. Den Größten, den wir jemals gesehen haben. Fischfang ist hier die Haupteinnahmequelle. Westafrika hat eine der fischreichsten Gewässer dieser Welt. Fisch zu kaufen, was das Herz begehrt, ist ein Erlebnis. Aber auch hier muss man wissen, was die marktüblichen Preise sind. Handeln ist hier üblich und der ein oder andere versucht, die Unwissenheit der Touristen auszunutzen. Wir verbringen viel Zeit damit, den Fischern bei ihrem Fischfang zuzuschauen. Langweilig wird es hierbei nie!

Auf dem Weg von der Hauptstadt zur nördlichen Grenze besuchen wir den Nationalpark Banc d*Arguin. Hier übernachten wir am Meer bei einem Fischerdorf. Zuvor stoppt  ein Schwarzafrikaner mit einem Uralt-Mercedes und steigt aus, als sich sein Fahrzeug verselbständigt und die Dünen hinunter rollt. Aufgeregt zeige ich auf sein Fahrzeug. Dieser winkt ab und gibt mir zu verstehen, daß die Handbremse schon lange nicht mehr geht. An einem größeren Grasbüschel kommt der Mercedes zum Stehen. Anschließend gibt der Schwarzafrikaner mir zu verstehen, daß ich ihn doch einfach mit meinem Fahrzeug abbergen soll. Abschleppseil oder ähnliches hat er nicht. Das überlässt er alles mir. Andere Länder, andere Sitten! 😄

 

Marokko | Teil 4 – Fahrt durch die Westsahara

Reise nach Marokko | Teil 4 – Fahrt durch die Westsahara:

Tan-Tan – Tarfaya – Laayoune – Foum El Oued – Dakhla – Guerguerat (Grenze zu Mauretanien)   

Januar 2024:

Unser Ziel ist die Westsahara. Was vor einigen Jahren noch ein eigenständiger Staat war, gehört nach vielen Querelen und militärischen Scharmützeln zwischenzeitlich zu Marokko. Dies zeigt sich vor allem an den vielen Kontrollposten, die entlang der Küstenstraße in regelmäßigen Abständen kontrollieren.

Unser erstes Ziel in der Westsahara ist Tarfaya. Dort gibt es das Museum von Antoine de Saint Exupery, ein Flieger und damaliger Flugplatzchef von dieser Kleinstadt. Von ihm stammt die Geschichte vom „kleinen Prinz“.

Und man macht natürlich so seine Erfahrungen. Spät abends in der Dämmerung werden wir von unserer ersten Kontrolle angehalten. Als ich die Scheibe herunter lasse, vernehmen wir einen unangenehmen Geruch nach altem Fisch. Und dann redet dieser Herr in Camouflage-Bekleidung auch noch dauernd von „Fish“. Ich lehne dankend ab und und gebe zu verstehen, daß wir keinen Fisch kaufen wollen und daß er diesen selber essen kann. Die Scheibe geht nach oben und der Capitano setzt unbeirrt seine Fahrt fort. Corinne zuckt zusammen und erklärt mir, daß dies ein Dokument sei mit der Angabe von persönlichen Daten. Man kann ja nicht alles wissen…😉

Frei stehen ist hier nur noch selten der Fall. Es gibt ausgewiesene Stellplätze, bei denen sich die „Overlander“ treffen. So können wir der vorausgegangen Zweisamkeit eine Ende setzen durch Gespräche mit vielen interessanten Leuten, die es wie uns in die große weite Welt zieht.

Eine einzige Strasse führt von Nord nach Süd durch die Westsahara. Wer glaubt, diese sei stark frequentiert, der irrt. Nur alle halbe Stunde begegnen wir einem Fahrzeug, häufig Militär. Auf Menschen treffen wir nur noch in den Städten. Dafür sieht man Sand, Sand und nochmals Sand. Die Einöde wird unterbrochen von Sanddünen, Steinwüsten, und vereinzelten Nomaden mit ihren Kamelherden. Unvorstellbar, von was diese Menschen hier leben. Dakhla und Laayoune, das sind die größten Städte. Hier bunkern wir Lebensmittel, Wasser, machen Wäsche und bringen alles auf Vordermann, bevor wir die letzten Kilometer Richtung Mauretanien zurücklegen. Der Friseur wird aufgesucht von Madame Corinne, während der Capitano bei diesem auf Unverständnis stößt. Hat man da noch Worte! 🤣

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