Marokko | Teil 5 – Fahrt durch Mauretanien

von | 23. Februar 2024 | Afrika, Mauretanien

Reise nach Marokko | Teil 5  – Fahrt durch Mauretanien:

Nouadhibou – Chami – Akjoujt – Atar – Chinguetti – Nouakchott – Nationalpark Banc d’Arguin – Grenze bei Boulenouar    

Januar/Februar 2024:

An einer Tankstelle unmittelbar vor der Grenze zu Mauretanien verbringen wir die letzte Nacht. Am nächsten Morgen erwartet uns eine Schlange von Fahrzeugen und LKW`s, die etwa 100 m lang ist. Noch sind wir optimistisch.

Doch es kommt meistens anders, als man denkt. Knapp 3 Stunden Mittagspause gönnen sich die marokkanischen Grenzbeamten. Wir machen mit, ob wir wollen oder nicht. Zwischenzeitlich sind knapp 6 Stunden vergangen. Röntgen von Karli, Drogenkontrolle und ich bekomme feuchte Hände vom vielen Zeigen der Pässe, Fahrzeugschein, und was die sonst noch so wollen.

Doch dann geht es endlich durch das Niemandsland. Man warnt uns, die Straße nicht zu verlassen, da links und rechts alles vermint ist. Hamid, ein sogenannter „Schleuser“, ist uns auf der mauretanischen Seite für ein geringes Entgelt behilflich. Sich alleine zurecht zu finden ist fast nicht möglich.  Es vergehen weitere 2 Stunden. Unsere Nerven sind zwischenzeitlich nicht mehr die besten, als ein Grenzbeamter am letzten Schlagbaum vor der Einreise zu Mauretanien die Kfz-Versicherung verlangt. Unsere hoch offizielle von Deutschland ausgestellte und in französisch geschriebene Bestätigung wird nicht akzeptiert. Aggressiv und pampig wird uns erklärt, daß wir nicht passieren dürfen, bevor wir nicht eine mauretanische Versicherung abgeschlossen haben. Der Capitano steigt aus und spricht ein Machtwort. Man schickt uns wieder zurück in ein Office. Pässe und Fahrzeugschein haben die Mauretanier. Die Stimmung ist aufgeheizt, und mit uns stehen hier 10 weitere Personen aus aller Herren Länder. Das Chaos ist perfekt.

Wir versuchen, dem Beamten unsere Position und Argumente zu erklären, als dieser plötzlich den Bildschirm ausschaltet, den Stuhl zur Seite schiebt, einen Teppich ausbreitet und sich kniend vor mir verbeugt. Mir ist das fast schon peinlich, bitte ihn doch aufzustehen. Ist doch alles gar nicht so schlimm. Erst jetzt merke ich, der betet, und das mitten in der Rush hour. Zwei weitere Muslime machen mit. Und wir stehen inmitten dieser vollkommen fremden Welt, schauen in den Himmel und hoffen, daß egal wer da oben uns beisteht.

Wir bleiben standhaft, verlangen unsere Pässe und erklären, daß wir wieder ausreisen wollen und die Heimfahrt nach Deutschland antreten werden. Man vertröstet uns. Die mauretanische Ehre ist angegriffen. Nach einer weiteren Stunde bekommen wir einen offiziellen Passierschein und dürfen nach etwa 10 Stunden Aufenthalt an der Grenze nach Mauretanien einreisen. Inschallah!

Nach dem Chaos an der Grenze müssen wir uns erholen. In den zwei Tagen in der Nähe von Nouadhibou wird überlegt. 400 km Piste zu fahren bei Sandsturm oder 150 km mehr, aber dafür auf Asphalt. Eine alte Overlander Regel besagt: nehme immer den einfachen Weg, auch wenn dieser länger ist. Diese Regel hilft uns bei der Entscheidungsfindung, obwohl wir auf der scheinbar leichteren Strecke häufig pistenähnliche Zustände antreffen. 2 Tage anstrengendes Fahren und wir sind in Atar. Angeblich eine Großstadt. Wir queren diese in 10 Minuten von Ost nach West und dann von Nord nach Süd. Und das war’s. Was bleibt, sind bleibende Eindrücke vom Markt und den einfachen und armen, aber sehr hilfsbereiten Menschen. Vollkommen anders als in Marokko. Ein mentales Umdenken ist erforderlich. Wir sind im tiefsten Afrika.

Von Atar wollen wir nach Chinguetti, eine Stadt, die immer wieder von vielen  Sandstürmen verschüttet wird und bereits dreimal neu erbaut wurde. Straßen dorthin gibt es keine, dafür Wellblechpisten in ausgeprägtester Form. Man empfiehlt uns, einen „Hilux“ mit einem mauretanischen Fahrer zu mieten. Gute Bandscheiben und ein robuster Magen sind erforderlich. Zwischendurch machen wir eine Teepause. Ahmed, unser Fahrer, und ich suchen Holz, Geäst, um ein Feuer in der Wüste zu entfachen. Währenddessen ist Ahmed verschwunden. Nach einigen Minuten finde ich ihn sitzend hinter einem kleinen Steinhügel, Ich mache mir Sorgen und frage, ob es ihm gut geht. Ein verschmitztes Grinsen ist die Antwort, als unter seinem „Bou Bou“ ein Rinnsal sich seinen Weg sucht. Ich verstehe, stelle keine weiteren Fragen und mache mir dazu so meine Gedanken.

Die Menschen in Chinguetti sind bettelarm. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie mit  Viehwirtschaft und etwas Tourismus. Die meiste Zeit verbringen sie in ihren Lehmhütten. Temperaturen bis zu 50 Grad sind im Sommer keine Seltenheit. Elektrizität, Kanalisation und all das, was wir Europäer tagtäglich als selbstverständlich ansehen, sind hier die Ausnahme.

Es folgt der Besuch von Sanddünen, soweit das Auge reicht. Oasen gibt es wenige, Wasser ist Mangelware. Doch ein Besuch lohnt sich! Es ist wie in 1001 Nacht. Als wir nach 2 Tagen wieder nach Atar in unser Camp zurückkehren, hat sich die Dorfjugend versammelt. Eine Theatervorführung ist angekündigt. Jeder hat seinen Spaß, egal welche Hautfarbe, Sprache oder Nationalität er hat. Auch das ist Afrika.

Nach mehreren Tagen in Atar fahren wir weiter nach Nouakchott, der Hauptstadt Mauretaniens. Dort muss man sich den Fischmarkt anschauen. Den Größten, den wir jemals gesehen haben. Fischfang ist hier die Haupteinnahmequelle. Westafrika hat eine der fischreichsten Gewässer dieser Welt. Fisch zu kaufen, was das Herz begehrt, ist ein Erlebnis. Aber auch hier muss man wissen, was die marktüblichen Preise sind. Handeln ist hier üblich und der ein oder andere versucht, die Unwissenheit der Touristen auszunutzen. Wir verbringen viel Zeit damit, den Fischern bei ihrem Fischfang zuzuschauen. Langweilig wird es hierbei nie!

Auf dem Weg von der Hauptstadt zur nördlichen Grenze besuchen wir den Nationalpark Banc d*Arguin. Hier übernachten wir am Meer bei einem Fischerdorf. Zuvor stoppt  ein Schwarzafrikaner mit einem Uralt-Mercedes und steigt aus, als sich sein Fahrzeug verselbständigt und die Dünen hinunter rollt. Aufgeregt zeige ich auf sein Fahrzeug. Dieser winkt ab und gibt mir zu verstehen, daß die Handbremse schon lange nicht mehr geht. An einem größeren Grasbüschel kommt der Mercedes zum Stehen. Anschließend gibt der Schwarzafrikaner mir zu verstehen, daß ich ihn doch einfach mit meinem Fahrzeug abbergen soll. Abschleppseil oder ähnliches hat er nicht. Das überlässt er alles mir. Andere Länder, andere Sitten! 😄